BÜCHLEIN FÜR DIE BESICHTIGUNG
DER BASILIKA DES HEILIGEN MARTIN IN TOURS
1. AUSSENANSICHT
Vor dem Südeingang der Basilika befindet sich ein kleiner Platz. Eine Kreuzigungsgruppe erinnert dort an die Mantelteilung des Hl. Martin. Ihm zur Seite stehen die beiden Heiligen Perpetuus und Gregorius von Tours.
Auf der Kuppel befindet sich in 51 Metern Höhe eine Statue des Heiligen, der die gesamte Stadt segnet. Sie wurde von dem Bildhauer Jean Hugues aus Bronze gegossen. Sie ist 4,25 Meter hoch und wiegt 1.692 kg.
2. DAS GRAB DES HEILIGEN MARTIN
Über zwei breiten Treppen gelangt man hinunter zum Grab, das sich in der Krypta befindet. Diese wird durch wertvolle Säulen aus schottischem Marmor mit reich verzierten, aus Stein gehauenen Kapitellen in fünf gleich breite Schiffe unterteilt. Auf dem Boden sind die Mauern der ersten Basilika sichtbar. Am anderen Ende befindet sich das Grab des Heiligen. Das gesamte Grabmal wurde aus Marmor und Vogesensandstein hergestellt und ist mit Mosaiken verziert. Die obere Platte, die in Form eines Sarkophags an der Frontseite mit Kreuzen verziert ist, wird von zehn kleinen Säulen mit Bronzekapitellen getragen. Dieser Sarkophag wurde über den Steinen der schlichten Grabstätte des Heiligen Martin errichtet. Durch zwei seitliche Öffnungen kann man den antiken Grabstein des Heiligen und den Reliquienschrein sehen. Auf der gegenüberliegenden Seite des Grabmals befindet sich die Grabstätte von Kardinal Meignan (1817-1896), seit 1884 Erzbischof von Tours, mit einer von Bildhauer François Sicard geschaffenen Statue. An den Wänden hängen zahlreiche ex-Voto-Tafeln, zur Erinnerung an Gebetserhörungen und als Zeugnis für die mächtige Fürsprache des Heiligen Martin.
3. INNENANSICHT
Die Basilika besteht aus einem großräumigen Kirchenschiff und zwei Seitenschiffen. Die Arkaden der Seitenschiffe stützen sich auf 14 Säulen, die aus einem monolithischen Block von poliertem Vogesengranit gehauen wurden und mit Kapitellen bestückt sind, die biblische Geschichten oder Episoden aus Martins Leben darstellen. Alle drei Kirchenschiffe werden von einer mit Schnitzereien verzierten Holzdecke überwölbt, die von frühchristlichen Kirchen inspiriert ist. Am Ende der beiden Seitenschiffe befinden sich zwei Kapellen, deren Kuppeln mit Goldmosaiken verziert sind.
4. Links: Kapelle der Jungfrau Maria.
5. Rechts: Kapelle des Heiligen Josef – Kapelle des heiligen Sakraments –
6. mit einer Statue der Heiligen Theresia von Lisieux am Eingang und einer Ikone, die ihre Eltern, den Hl. Louis und die Hl. Zélie Martin, dargestellt.
7. Eine aufgesetzte Kuppel überragt den Chor und lässt durch 22 Fenster Licht in den Raum. In der Mitte der Kuppel sitzt der Hl. Martin; mit der einen Hand segnet er, in der anderen Hand hält er das Kreuz. Um ihn stehen der Hl. Gatianus, der 1. Bischof von Tours, der Hl. Ambrosius von Mailand, ein Zeitgenosse, der Hl. Lidorius, sein Vorgänger im Bischofsamt, und der Hl. Hilarius, sein Lehrmeister.
8. Der große Hauptaltar
wurde über dem Grab des Heiligen errichtet. Der Altar selbst, eine Spende von Eugène Gouin, wird von vier großen Marmorsäulen und kleineren Porphyrsäulen getragen. Der Altar enthält die noch größte erhaltene Reliquie des Hl. Martin, einen Teil seines Kopfes; von daher rührt auch die Bezeichnung des Altares als „Schädelaltar“. Auf dem Altar steht ein Ziborium des Künstlers Aymard Verdier, inspiriert von einer Vorlage aus dem 13. Jahrhundert. Im Zentrum befindet sich ein kleiner Reliquienschrein mit Reliquien des Hl. Martin. An den beiden Seiten des Altars sieht man auch die Kennzeichen einer Basilika minor (kleine Basilika) und zwar:
9. Rechts den roten und gelben Schirm und
10. links Glöckchen an einem Stab mit dem Wappen des Vatikans.
11. Die Glasfenster stammen von der Werkstätte des Meisters Lobin (19. Jhdt) und zeigen Szenen aus dem Leben des Hl. Martin und seiner Verehrung durch die Jahrhunderte.
12. Gemmail-Gemälde ,,Der Heilige Martin umarmt den Leprakranken“ auf Leinen von René Margotton (1988).
13. Die Kanzel besteht vollkommen aus Stein, Marmor und Mosaiken. Sie hat die Form einer antiken Wanne und wird von einer einzigen Marmorsäule getragen.
14. Die große Orgel auf der Empore wurde für die Hospiz ,,Bon Sauveur“ in Caen gebaut (Girard, 1843) und hat 28 Register.
15. Gipsabguss der Büste der Statue des Hl. Martin, der auf der Kuppel der Basilika steht und von dem Bildhauer Jean Hugues geschaffen wurde.
16. Die Statue des Hl. Jakob Sie befindet sich an der oberen westlichen Jochseite und steht hoch über den Besuchern. Diese Statue wurde am Ende des 15. Jhdts aus Stein gehauen und ist ein Werk von Schülern des Michel Colombe. Tours ist seit dem 11. Jahrhundert eine Etappe auf dem Pilgerweg nach Santiago de Compostela. Damals wurde der Pilgerweg der Spanier, die zum Grab des Hl. Martin pilgerten, in entgegengesetzter Richtung zum ersten Pilgerweg zum Grab des Heiligen Jakob.
Die wichtigsten Daten zur Basilika des Heiligen Martin
397 Martin wird in einem öffentlichen Friedhof unterhalb der jetzigen Rue des Halles begraben.
437 Eine kleine Kapelle wird über seinem Grab errichtet.
471 Die Kapelle wird durch eine Basilika ersetzt, die am 4. Juli 471 eingeweiht wird. Diese ist 53 Meter lang, 20 Meter breit und 45 Meter hoch. Sie ist ausgestattet mit Seidenstoff, Glasfenstern, Marmor, Mosaiken, Tragsäulen und kleineren Ziersäulen. Diese Basilika fiel mehren Bränden zum Opfer, aber immer wieder wurde sie restauriert und verschönert.
1050 Ein erneuter Brand zerstört die Basilika so sehr, dass sie neu erbaut wird. Das Kirchenschiff wirkt wie eine Kopie der Kirche des Hl. Saturninus in Toulouse: 56 Meter lang, 28 Meter breit, vier Türme markieren die Enden des Querschiffes.
1175-1260 Die romanischen Gewölbe werden durch Kreuzrippengewölbe im ,,angevinischen“ Stil ersetzt, und ein neuer, großräumiger Chor wird errichtet.
1562 Die Basilika wird während der Religionskriege geplündert. Ein Teil der Reliquien des Hl. Martin kann nur mit Not aus dem Feuer gerettet werden.
1793 In der Französischen Revolution wird die Kirche zu einem Pferdestall.
1797 Das Gewölbe stürzt ein. Die Kirche wird zerstört mit Ausnahme des „Charlemagne“- und des Uhrenturms, die beide heute noch zu sehen sind. Um ein neues Aufblühen der Verehrung des Hl. Martin endgültig zu verhindern, wird an der Stelle der Basilika eine Straße gebaut.
14/12/1860 Ein Bewohner von Tours, Léon Papin-Dupont, den man „ den heiligen Mann von Tours“ nennt, kauft das Gelände in der Nähe der alten Basilika. Er findet das Grab des Heiligen im südlichen Teil unter einem Privathaus wieder.
1887 Beginn der Bauarbeiten an der derzeitigen Basilika im römisch-byzantinischen Stil, die vom Architekten Victor Laloux aufgrund des verfügbaren Baugrundstückes in Nord-Süd-Richtung ausgerichtet wird.
1925 Einweihung der neuen Basilika
Collégiale Saint Martin au début du XVIIIème siècle
Collégiale Saint Martin pendant la Révolution française
Plan de l’actuelle basilique superposé à celui de l’ancienne collégiale
Berühmte Besucher…
Chlodwig hat dem Heiligtum mehrmals Besuche abgestattet, das letzte Mal im Jahre 507 nach seinem Sieg von Vouillé über die Westgoten. Die Heilige Clothilde, seine Ehefrau, starb in der Nähe des Grabes des Hl. Martin. Die Heilige Genoveva und die Heilige Radegunde kamen auch zu seinem Grab, sowie wahrscheinlich später auch Johanna von Orléans. König Dagobert seinerseits gab in Saint-Éloi einen wertvollen Reliquienschrein in Auftrag, den er aus eigenen Mitteln bezahlte. Was Karl den Großen betrifft, so hat dieser dem Ort viel Aufmerksamkeit geschenkt. Er kam im Jahre 800 hierher, bevor er in Rom zum Kaiser gekrönt wurde. Seine Frau Luitgarde starb in Tours und wurde an der Stelle begraben, an der später der ,,Charlemagne‘‘-Turm errichtet wurde. Weiterhin kamen auch König Ludwig IX. (Hl. Ludwig) und seine Mutter, Blanka von Kastilien, Ludwig XIV. und Louis-Philippe, um den Hl. Martin zu verehren.
Zeitgenössische Besucher :
Monsignore Roncalli, später Papst Johannes XXIII (16. November 1947) und seine Heiligkeit, Papst Johannes Paulus II. (21. September 1996).
Der Heilige Martin und die wichtigsten Daten seines Lebens und Wirkens…
316 Geburt in Sabaria in Pannonien – jetziges Ungarn (anderes mögliches Datum 336). 320 Sein Vater, Militärtribun (höherer Offizier in der römischen Armee) erhält Länder in der Po-Ebene in Ticinium (Pavia). Erster Kontakt mit Christen im Alter von 10 Jahren.
330 o 331 Erzwungener Dienst in der römischen Armee.
334 In der römischen Garnison von Amiens – Erlebnis mit der Mantelteilung und Taufe. 356 Bei der Schlacht von Worms Beendigung seines militärischen Dienstes und Verlassen der Armee, Reise nach Poitiers und Begegnung mit dem Hl. Hilarius. 357 Rückkehr nach Pannonien und Taufe seiner Mutter.
358 Leben in Zurückgezogenheit auf der Insel Gallinara.
361 Gemeinsame Arbeit in Poitiers mit dem Hl. Hilarius, Niederlassung als Eremit in Ligugé, Gründung des ersten Mönchsklosters in Gallien.
371, am 4.07. Wahl zum Bischof von Tours und Gründung des Klosters von Marmoutier.
Ab 372 Zahlreiche Reisen und Wanderungen durch das gesamte römische Kaiserreich. Evangelisierung vieler Dörfer in der Touraine, Gründung der ersten Landpfarreien Galliens. Zahlreiche Teufelsaustreibungen und Wunderheilungen.
397, am 8.11. Tod des Hl. Martin in Candes, Übertragung seines Leichnams nach Tours.
- November (derzeitiger liturgischer Namenstag) Begräbnis des Heiligen Martin.
Portrait
Wenn auch der 11. November das Ende des 1. Weltkriegs symbolisiert, so ist dieser Tag vor allem der Namenstag des Heiligen Martin. Mehr als 400 Gemeinden und mehr als 4000 Pfarrgemeinden in Frankreich tragen seinen Namen. Auf der ganzen Welt sind ihm Kirchen geweiht. Sein Name gehört zu einem der häufigsten Namen in Frankreich.
Am Beginn des 21. Jahrhunderts hört man innerhalb der Mauern seiner Basilika in Tours jeden Tag Menschen in den unterschiedlichsten Sprachen wie kroatisch, chinesisch, portugiesisch, deutsch, spanisch, polnisch… und manchmal auch französisch reden. Man bittet an seinem Grab um seine Fürsprache: dass ein Paar sich wieder versöhnt, dass ein Kranker geheilt wird, dass ein Jugendlicher das Evangelium hört und sich taufen lässt, dass eine kleine Pfarrkirche weiterhin geöffnet bleibt, dass uns Berufungen geschenkt werden… Die Wunschliste ist lang. Der Heilige Martin hat uns vieles zu sagen.
Martin teilt seinen Mantel
Erzählung eines Zeitgenossen des Hl. Martin, Sulpicius Severus 3, 1-6
„Eines Tages, an dem er nur seine Waffen und einen einfachen Soldatenmantel mit sich trug, in einem viel kälteren und härteren Winter als sonst, sodass die Menschen durch Frost und Kälte umkamen, traf er am Eingangstor zur Stadt einen unbekleideten Armen: der Armselige bat die Passanten, sich seines Unglücks zu erbarmen, aber sie gingen achtlos an ihm vorbei. Der von Gott beseelte Mann verstand schließlich, dass ihm dieser arme Mann vom Schicksal beschieden war, da die anderen Menschen kein Erbarmen mit ihm hatten. Aber was sollte er tun? Er hatte nichts anderes als seinen Soldatenmantel, mit dem er bekleidet war. Denn alles andere hatte er bereits für ähnliche Zwecke davongegeben. Daher ergriff er die Waffe, die an seinem Gürtel befestigt war und schnitt den Mantel entzwei, gab ein Stück dem Armen und bekleidete sich mit dem Rest. Einige der Personen, die diese Szene miterlebt hatten, begannen ob seines schäbigen Aussehens, das er mit seinem zerschnittenen Mantelrest darstellte, zu lachen. Aber viele andere, deren Denkweise gesünder war, bedauerten zutiefst, nicht genauso reagiert zu haben wie er, wo sie doch viel reicher waren als Martin und den Armen hätten bekleiden können, ohne sich deswegen selbst entblößen zu müssen. In der darauffolgenden Nacht, als er in tiefen Schlaf versunken war, sah er Christus, der die Hälfte des Mantels trug, mit dem er den armen Mann bedeckt hatte. Im Traum wurde er aufgefordert, den Herrn sehr genau zu betrachten und das Kleidungsstück wieder zu erkennen, das er weggegeben hatte. Dann hörte er Jesus zu den zahlreichen Engeln sagen, die sich rund um den Herrn geschart hatten: „Martin, der nur ein Katechumene ist, hat mich mit diesem Kleidungsstück gekleidet“. In Wahrheit erinnerte sich der Herr seiner Worte, die er einst verkündete: „Was immer ihr für einen der Geringsten tut, tut ihr für mich“, als er erklärte, selbst anstelle dieses armen Mannes bekleidet worden zu sein. Und um zu bestätigen, dass er selbst Zeuge eines so gutherzigen Verhaltens war, ließ er sich dazu herab, Martin in denselben Kleidern zu erscheinen, wie denen, die der Arme erhalten hatte. Diese Vision beflügelte bei unserem glückseligen Heiligen nicht einen sehr menschlichen Stolz, sondern er erkannte in dieser Erscheinung viel mehr Gottes Güte und da er achtzehn Jahre alt war, beeilte er sich, die christliche Taufe zu erhalten.“